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Kritik an der EXPO '95 und Pro-Argumente

1.    Das Verkehrsnetz in der Ostregion ist völlig überlastet. Die Expo '95 wird in Wien zu einem totalen Zusammenbruch des Verkehrs führen.

Die Öffnung der Grenzen zwischen West und Ost, aber auch der zunehmende Pendlerverkehr erfordern unabhängig von der Weltausstellung den Ausbau der Bahnstrecke zwischen Wien und Budapest soll die Fahrtzeit zwischen den beiden Metropolen auf etwa zwei Stunden reduziert werden. Die Bahnverbindung nach Pressburg soll bereits im nächsten Jahr verbessert werden. Die Verbindung des Flughafens Wien-Schwechat mit dem künftigen "Bahnhof Wien", die Bahnverbindung Wien-Prag-Berlin, bei der es auch um die Verringerung der Fahrtzeit geht, und die Bahnverbindung Wien-Eisenstadt sind Gegenstand der Planungen – mit oder ohne Weltausstellung. 

Der Bau der U-Bahn-Strecke U6 und die Verlängerung der Schnellbahnlinie S45 erhalten durch die Expo '95 Priorität; sollte die Weltausstellung abgesagt werden, bestünde die Gefahr der späteren Fertigstellung dieser so wichtigen Verkehrsverbindungen. 

Damit der überlastete Individualverkehr in Wien während dieser Großveranstaltung nicht völlig zum Erliegen kommt, werden eine Reihe von Maßnahmen getroffen, um die Autofahrer zum umsteigen auf öffentliche Verkehrsmittel zu veranlassen: Das Park & Ride Konzept sieht zu den bereits bestehenden 10.000 Pkw-Stellplätzen die Schaffung von weiteren 10.000 langfristig zur Verfügung stehenden Parkplätzen vor. Darüber hinaus sollen ein Busterminal und für die Weltausstellungsdauer befristete Anlagen, die das zusätzliche Verkehrsvolumen aufnehmen können, errichtet werden. 

Die Expo wird überdies den Berufsverkehr nicht beeinträchtigen, denn die Ausstellung öffnet erst nach der morgendlichen Verkehrsspitze ihre Tore und schließt zur späten Abendstunde.  

2.    Die Weltausstellung benötigt Autobahnen nach Osten und Norden, die von den "Grünen" abgelehnt werden. Die "Grünen" behaupten nämlich, neue Autobahnen schaffen nur zusätzlichen Verkehr.

Der in den letzten Jahren neu entstandene Ostreiseverkehr, der weiterhin zunehmen wird, führte in den betroffenen Ortschaften zu einer unerträglichen Verkehrsbelastung und zur Verschlechterung der Lebensqualität. Durch die Fertigstellung des A4-Autobahnteilstückes verringerte sich der durchschnittlich Tagesverkehr in den umfahrenen Orten um bis zu 80 %. 

Die von den Grünen immer wieder kritisierte Nordautobahn soll nach Aussage des niederösterreichischen Landeshauptmannes nicht gebaut werden. 

3.    Schwergewicht der Investitionen der öffentlichen Hand in der Ostregion unter dem Titel "Weltausstellung", die aber auch die westlichen Bundesländer mitzutragen haben. 

Staat und Privatwirtschaft tätigten im Westen Österreichs jahrzehntelang Investitionen: Zuerst wurde die Westbahn in den westlichen Bundesländern elektrifiziert, die Elektrizitätswirtschaft in den westlichen Bundesländern ausgebaut, die Westautobahn fertiggestellt, usw. Wien und die Ostregion gerieten 1945 in eine geopolitische Randlage am Eisernen Vorhang und haben deshalb einen Nachholbedarf, der durch die Öffnung der Grenzen noch größer geworden ist. Diese Tatsache sollte auch von den westlichen Bundesländern akzeptiert werden. Schließlich hat auch umgekehrt Wien die Olympischen Spiele von 1964 und 1976 in Innsbruck unterstützt. 

Die Weltausstellung, die ein nationales Anliegen darstellt, bietet den westlichen Bundesländern die einmalige Chance, sich der Welt in eigenen Pavillons zu präsentieren. Dieser nachhaltige Werbeeffekt sollte auch dort willkommen sein.  

4.        Das Thema "Brücken in die Zukunft" ist nicht mehr aktuell. 

Die Expo '95 steht unter dem Motto "Brücken in die Zukunft". Das Thema "Brücken in die Zukunft" umfasst als Hauptaussage die Forderung an Gastgeber und Architekten, Aussteller und Sponsoren, Dinge und Ideen zu symbolisieren, sichtbar und erlebbar zu machen, die geeignet sind, einen kühnen und tragfähigen Übergang von der Gegenwart in die Zukunft zu bilden. 

Dabei ist an alle Gebiete des menschlichen Lebens gedacht, besonders aber an jene, wo es um die wichtigen Fragen der Zukunftsbewältigung geht. 

"Brücke" bedeutet in diesem Zusammenhang auch die konstruktive Überwindung von Gegensätzen, die Verbindung zu einem neuen, besseren Ganzen. Beispiele hiefür sind: 

-     Die Versöhnung von Natur und Technik, um die Bewohnbarkeit unseres 
Planeten auf Dauer zu sichern.

-     Die Verbindung des Nützlichen mit dem Schönen, um einem gesichtslosen 
Weg in die Zukunft zu entgehen.

-     Der Ausgleich zwischen High Tech und High Touch, um die menschlichen 
Dimensionen des Fortschritts zu wahren.

-     Die Überwindung von Unterschieden, um eine partnerschaftliche Gesellschaft 
zu schaffen.

-     Die Bewältigung des Nord-Süd-Gefälles, um gewaltsame Verteilungskämpfe zu vermeiden.

-     Die Verbindung von Tradition und Fortschritt, um das geistige und kulturelle 
Erbe mit in die Zukunft zu nehmen. 

Es geht somit darum, im Rahmen der Expo '95  Möglichkeiten aufzuzeigen, wie die  Menschheit durch die Überwindung bestehender Gegensätze die Herausforderungen der Zukunft meistern kann. 

Das ist die dynamische Komponente des Ausstellungsthemas "Brücken in die Zukunft". Und dieser Zukunftsaspekt bildet auch die zentrale Aussage des Ausstellungsmottos. 

Die Brücke gilt seit alters her als Symbol des Überganges. Mythologisch überhöht, wird sie zum Regenbogen, zur "Himmelsbrücke", das heißt zum Symbol von Hoffnung und Versöhnung – Brücken führen zu neuen Ufern, eröffnen neue Gesichtspunkte und neue Chancen. 

Das ist das optimistische Element des Mottos "Brücken in die Zukunft". 

Die Donau wird in Wien und Budapest von zahlreichen zum Teil historischen Brücken überspannt. Und die Österreicher ebenso wie die Ungarn verstehen sich als Brückenbauer zwischen West und Ost: Nicht erst heute, sondern schon seit Jahrhunderten sind sie bestrebt, wirtschaftliche und kulturelle Verbindungen zwischen zum Teil sehr unterschiedlichen Welten herzustellen. 

Das sind die geopolitischen und geschichtlichen Assoziationen, die sich mit dem Brückenmotiv verbinden. 

Die Veranstalter in Österreich und Ungarn sind davon überzeugt, dass die jüngsten Umwälzungen in den Staaten des europäischen Ostens und die sich auf längere Zeit abzeichnende weltpolitische Entspannung das Thema "Brücken in die Zukunft" nicht obsolet gemacht haben – ganz im Gegenteil: Erst jetzt ist es möglich geworden: 

-       gemeinsam zu planen,

-       gemeinsam zu handeln,

-       sich gemeinsam den drängenden Aufgaben der Zukunft zu stellen. 

So wendet sich die Expo '95  mit ihrem Thema nicht nur an die beiden Donauländer, sondern vor allem an die ausstellenden Nationen und an die großen Wirtschaftsunternehmen, um sie einzuladen, ihre Sicht einer konstruktiven Bewältigung der Herausforderung des 21. Jahrhunderts einzubringen. 

Die Aussteller präsentieren eine Bestandsaufnahme und ihre Überlegungen über die zukünftige Entwicklung. Die "Brücken in die Zukunft" werden nicht von Expo-Vienna AG formuliert, die Aussteller werden sie formulieren: Wir schreiben nicht vor, wir legen nicht fest. Wir wissen von früheren Weltausstellungen, dass stimulierende Wirkung und Assoziationen vom Thema ausgehen, die Kreativität fördern.  

5.    Die Expo '95  bewirkt in Wien einen Tourismusinfarkt. Wir brauchen keine Touristen aus dem Ostblock. 

In Wien standen in der Saison 1988/89  37.200 Hotelbetten zur Verfügung, die im Jahresdurchschnitt zu nur 52,2 % ausgelastet waren. Das Bettenangebot wird durch mehr als 25.000 Betten im Wiener Umland ergänzt. Unter Berücksichtigung eines normalen Zuwachses werden 1995 mehr als 70.000 Betten verfügbar sein. Die Weltausstellung wird dazu beitragen, die Auslastungssituation der Hotelbetriebe nachhaltig zu verbessern. 

In der österreichischen Bundeshauptstadt sind derzeit nur ca. 200 Privatquartiere gemeldet. Eine Maßnahme, die sich in Brisbane und Vancouver, den Veranstaltungsstädten der letzten Weltausstellungen, bewährt hat, ist die zumindest vorübergehende Ausweitung der privaten Zimmervermietung. Es herrscht in Wien ein akuter Mangel an Billigquartieren; die Expo könnte auch in diesem Bereich Initiator neuer Möglichkeiten sein. 

Österreich ist ein traditionelles Fremdenverkehrsland und gilt bislang auch als weltoffen. Diese Weltoffenheit muss weiter bewahrt bleiben, Angst vor Billigtouristen und Ausländerfeindlichkeit passen nicht in dieses Bild. Einst, in den fünfziger Jahren, waren wir Österreicher selbst Billigtouristen in Italien. Durch die Weltausstellung können neue Besucherschichten für Wien erschlossen werden. Wir müssen in die "Laufkundschaft" investieren, damit sie zum Stammgast wird. Gerade die heute so reisehungrigen Fremden aus unseren östlichen Nachbarstaaten, denen die westliche Welt bis vor kurzem verschlossen war, stellen in Zukunft das Stammgastpotential dar.  

6.    Die Expo '95 ist Schuld an einem weiteren Anstieg der Preise auf dem Immobilienmarkt.

Die Öffnung der Grenzen zu Osteuropa eliminierte Wiens geographische Randlage und führte somit zu einem steigenden Interesse bei in- und ausländischen Kapitalanlegern. Der Preisanstieg von Grundstücken und Liegenschaften ist eine natürliche Folgewirkung dieser neuen Situation. Er kann auch als Anpassungsprozeß an das Preisniveau anderer europäischer Metropolen gesehen werden. 

Den Befürchtungen, dass es durch die Expo zu einem Verlust von Billigwohnungen kommt, die für die Asylwerber und sozial Schwachen benötigt werden, kann entgegen gehalten werden, dass gerade im Zuge der Expo nicht nur zusätzliche Büroflächen, sondern auch eine größere Anzahl von Wohnungen geschaffen werden, die eine Entspannung des Immobilienmarktes mit sich bringen sollten. Die Stadt Wien beabsichtigt in den nächsten Jahren für das Personal der Expo-Aussteller Unterkünfte zu errichten, die nach der Expo als Wohnungen zur Verfügung stehen und durch das erhöhte Angebot die Preise stabilisieren (Beispiel: Olympisches Dorf Innsbruck). Im Rahmen der Nachnutzung werden darüber hinaus weitere Wohnungen auf dem Expo-Gelände entstehen, die den Wohnungsmarkt weiter entlasten.  

7.    Die Weltausstellung schließt mit einem Verlust in Millionenhöhe zulasten der österreichischen Steuerzahler. 

Die Expo '95  ist so organisiert und konzipiert, dass sie den österreichischen Steuerzahlern nichts kosten wird. Unabhängig von der späteren Nutzung, werden die Investitionen für die Ausstellungsbauten und Expo-Anlagen, sowie sämtliche Kosten der Planung, der Errichtung und dem 6-monatigen Ausstellungsbetrieb durch die Einnahmen zur Gänze gedeckt. Zu den Einnahmen zählen die Erlöse aus dem Verkauf der Eintrittskarten, die Mieten, die die Aussteller zu entrichten haben, die Einkünfte aus der Vergabe von Rechten und Lizenzen sowie Sponsorengelder. 

Da die Expo ohne Nachnutzung "sich selbst trägt", wird sie durch ihre Nachnutzung erst recht gewinnbringend. Die Kosten für die dauerhaften Investitionen sollen nämlich von jenen Firmen finanziert werden, die das Ausstellungsgelände langfristig nutzen, denn die Weltausstellung kann nur ein Teilstadium in einem langfristigen Nutzungskonzept bilden. Schon jetzt ist das Interesse der Investoren so groß, dass wir bereits 40 % des Nachnutzungsareals verkaufen könnten. 

Was allerdings bis zur Expo in (Verkehrs-)Infrastrukturen vom Bund und östlichen Bundesländern investiert wird, sind 15 bis 20 Milliarden Schilling Steuergelder. Diese Investitionen sind auf Grund der geopolitischen Änderungen schon heute notwendiger denn je und können daher der Expo nicht angelastet werden. Sie werden überdies über viele Jahrzehnte allen Österreichern zu Verfügung stehen, auch den Vorarlbergern, die nach Budapest reisen, ob mit der Bahn oder mit dem eigenen PKW.  

8.    Das Weltausstellungsgelände muss erst saniert werden. Die Entsorgung der Mülldeponie ist mit starker Geruchsbelästigung verbunden. 

Die Weltausstellung könnte auf den vorgesehenen Flächen ohne Aushub des Mülls stattfinden. Für die Ausstellungspavillons ist der Aushub der Mülldeponie deshalb nicht erforderlich, weil die 10 – 15 m hohen Hallen kein Untergeschoß benötigen. 

Um jedoch eine autofreie Expo zu gewährleisten und um damit den Verkehr zu entlasten, brauchen wir Busparkplätze, die in Form einer Tiefgarage angelegt werden sollen. Der Müll wird also nur an jenen Stellen beseitigt, die langfristig genutzt werden und das sind nur etwa 10 % des gesamten Volumens. 

Die Geruchsbelästigung wird, wenn überhaupt, minimal sein. Der Müll wird nur in den Wintermonaten ausgehoben, weil bei tiefen Temperaturen die Fäulnisprozesse unterbrochen sind. 

9.   Das Weltausstellungsgelände wird bei einem Ausstieg Ungarns zu klein sein. 

Für die Expo '95  stehen insgesamt 84,9 ha zur Verfügung, die sich aus 50 ha Ausstellungsgelände, 20 ha Wasserfläche und weiteren beschränkt nutzbaren Flächen zusammensetzen. Wien übertrifft damit die beiden letzten Weltausstellungen bei weitem: Das gesamte Ausstellungsgelände der Expo '86, einschließlich der überbauten Wasserfläche, war 70 ha groß, Brisbane baute seine Expo '88 auf einer nur 35 ha großen Fläche. Wien ist somit auch ohne Budapest in der Lage, die Weltausstellung zu realisieren.  

10.  Ungarn ist nicht in der Lage, seine Weltausstellung zu finanzieren. 

Ungarn hat von Anfang an erklärt, dass die Finanzierung des Budapester Ausstellungsteiles nur über ausländische Investoren erfolgen kann und soll. Erst am 9. November hat der für die Expo in Budapest zuständige Regierungskommissär

Dr. Etele Baráth das Rekordergebnis des seit rund zwei Monaten laufenden Finanzierungsaufrufes bekanntgegeben: 7,5 Mrd. US-$. Damit könnte nicht nur die Expo selbst, sondern sogar das sogenannte große Infrastruktur-Ausbauprogramm für Budapest und Ungarn in der Höhe von 8,5 Mrd. US-$ finanziert werden. Die Chancen, dass die noch fehlende Milliarde aufgetrieben wird, stehen gut. Nur durch die vom Magneten Expo '95  angelockten Auslandsinvestoren ist die ungarische Wirtschaft sanierbar. Ohne Expo werden die ausländischen Gelder nur langsam nach Ungarn fließen.  

11.  Weltausstellungen sind ein Relikt des 19. Jahrhunderts und nicht mehr zeitgemäß. 

Die Leistungsschauen von Industrie und Technik gehören zweifellos der Vergangenheit an. Bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts hatte sich das Bild der Weltausstellungen gewandelt. Schon damals war von einer Krise der Institution Weltausstellung die Rede. Wie die Geschichte beweist, haben die Weltausstellungen nicht nur den Ersten, sondern auch den Zweiten Weltkrieg überlebt, obwohl es nach 1945 schien, als wäre der Fortschrittsglaube verloren gegangen. Seit der Weltausstellung in Brüssel 1958 haben zwölf universelle Ausstellungen bzw. Fachausstellungen stattgefunden. Diese Tatsache spricht für sich und zeigt nicht nur das Interesse der Veranstaltungsländer, sondern auch der teilnehmenden Staaten. Für die Expo '92 in Sevilla haben sich bereits 100 Teilnehmerländer, 22 internationale Organisationen sowie 17 spanische Regionen und mehrere internationale Unternehmen angemeldet. Für die Expo-Vienna AG besteht kein Zweifel, dass die erste Doppelweltausstellung, die gleichzeitig die letzte Weltausstellung dieses Jahrhunderts sein wird, ein entsprechendes Interesse hervorrufen wird.  

12.  Die Weltausstellung ist ein "Monsterspektakel", das von der Mehrheit der Bevölkerung abgelehnt wird. 

Vor zwei Jahren sprachen sich 65 % der Österreicher für dieses "Monsterspektakel" aus; heute sind es bereits mehr als 80 % und fünf Jahre vor dem Eröffnungstermin erklären bereits zwei Drittel der Österreicher, dass sie die Weltausstellung "auf jeden Fall" besuchen wollen. 

An einem durchschnittlichen Ausstellungstag im Jahr 95 werden in Wien 110.000 Personen erwartet. Gemessen an den mehr als 200.000 Besuchern eines "Messesonntages" in Wien oder an den rund 300.000 Teilnehmern am Wiener "Stadtfest" ist dies keine "Monsterzahl", sondern ein durch gute Organisation gut zu bewältigender – und erwünschter – Besucherstrom.