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Haus der Musik
Vienna, Austria


Konzept für eine Neupositionierung

verfasst für
Wien Holding 

von
Gordon Linden

Mai 2005 

Deutsche Bearbeitung: P. Diem und G. Feltl 
Inhaltsverzeichnis

Kapitel Seite

1.0 Präambel 3

2.0 Voraussetzungen 3
2.1 Lage 3
2.2 Fassade 3
2.3 Gebäude innen 4
2.4 Besuchererlebnis 6
2.5 Konzept und Marke 7

3.0 Projektziele 8

4.0 Analyse der Möglichkeiten und Beschränkungen 9
4.1 Örtlichkeit und Besucherzahlen 9
4.2 Vorhandene Exponate 10
4.3 Besucherstrom 11
4.4 Finanzierung 12
4.5 Serviceeinrichtungen 12

5.0 Vorläufige Ideenskizze für den Relaunch 13
5.1 Minimalvariante 13
5.2 Mittlere Variante 16

6.0 Nächste Schritte 18

Anhang A

Grundrisse: Untergeschoß bis 6. Stock

Anhang B

Neue Besucherattraktionen 

Anhang C

Neugestaltung von Erdgeschoß und Fassade 


1.0 Präambel

Der vorliegende Bericht enthält eine Reihe von Vorschläge für eine Neupositionierung des Hauses der Musik. Um die Realisierbarkeit 
der in diesem Bericht enthaltenen und der von anderen mit der Materie befassten Experten gemachten Vorschläge analysieren zu können, müssen freilich noch detaillierte Markt- und Konzeptstudien in Auftrag gegeben werden. Erst dann kann ein umfassender "Projektentwicklungsplan" erstellt werden, der eine solide Grundlage für die Repositionierung und den Relaunch dieser Besucherattraktion bildet. 

2.0 Voraussetzungen

Die folgenden Kapitel geben einen Überblick über den "Status Quo" im Haus der Musik. 

2.1 Der Standort.

Das HdM befindet sich in zentraler Lage an der Kreuzung Krugerstrasse, Seilerstätte und Annagasse, nur einen Häuserblock von der sehr frequentierten Kärtner Straße entfernt. Das Haus ist leicht zu erreichen, vor allem für Touristen. Die derzeitige Ausschilderung (zum Beispiel in der Kärntnerstraße) ist jedoch unzureichend und schlecht sichtbar. 

2.2 Die Fassade.

Die Fassade des insgesamt sieben Stockwerke hohen ehemaligen Palais von Erzherzog Karl ist elegant und gut erhalten. Die Gebäude ringsherum sowie das nahegelegene "Ronacher" sind in Bauhöhe und Architektur dem HdM durchaus vergleichbar. 
Die strenge Fassade ist nicht wirklich einladend - vor allem für junge Menschen, die im Vorbeigehen daraus schließen könnten, dass das Erlebnis im HdM langweilig und eher uninteressant sein könnte.

Auf Straßenniveau befinden sich einige musik-affine Geschäftslokale (etwa zum Verkauf oder zur Reparatur von Musikinstrumenten). Der Betrieb dieser Geschäfte steht aber in keinerlei direktem Zusammenhang mit dem HdM und trägt daher nicht zum Gesamterlebnis bei. Die Portale dieser Geschäfte wirken vielmehr kalt und wenig einladend. 

Es gibt drei Eingänge in das HdM - jeweils aus einer der Strassen, die das HdM umgeben. Auch diese Zugänge wirken auf den Besucher sehr streng, formal und wenig einladend; erst nach Betreten des Atriums realisiert man ein anderes "feeling", als es die Fassade zunächst glauben macht. 

2.3. Der Innenraum. 

Das Gebäude, in dem sich das HdM befindet, hat sieben Stockwerke und ein Kellergeschoß. Die gesamte Nutzfläche beträgt rund 5.140 m2 - der Keller, das Erdgeschoß und die Stockwerke 1 bis 5 haben je ca. 680 m2, das oberste Stockwerk (der 6. Stock) hat ca. 340 m2. Die gegenwärtige funktionelle Einteilung der Stockwerke ist wie folgt :

· Keller - Toilettenanlagen und Service 
· Erdgeschoß - Geschäftslokale, Eingangsbereich, Lobby/Museumskassa
· 1. Stock - Geschäftslokal und Museum der Wiener Philharmoniker 
· 2. Stock - Audio-Exponate ("Sonosphäre")
· 3. Stock - Exponate über berühmte Musiker (Mozart u.a.)
· 4. Stock - Exponate über futuristische Musik ("Brain Opera") und Museumsshop
· 5. Stock - Restaurant, Veranstaltungssaal (150 Sitzplätze) und Verwaltung/Service
· 6. Stock - Obergeschoß des Restaurants und Verwaltung/Service

Wie in den Skizzen im Anhang dargestellt, bildet der Grundriss 
des Gebäudes etwa ein Dreieck (bei dem eine der Ecken "abgeschnitten" ist) mit einem großen Innenhof, der vom 1. bis zum 6. Stockwerk reicht. 
Wichtig ist der Hinweis, dass das Gebäude insgesamt drei Aufzüge (davon einen Lift im Innenhof) sowie drei große Stiegenhäuser hat.

Die Aufteilung der Räume und die prozentuellen Anteile der einzelnen Aktivitäten an der Gesamtfläche sind in etwa wie folgt:


HdM Nutzfläche total 

Aktivitäts-Bereich m2 % -Anteil
Besucherattraktionen 2.048 40
Service 1.195 23
Besucherzirkulation 850 17
Shop 631 12
Restaurantbetrieb 271 5
Öffentliche WC-Anlagen 146 3
5.140 100


Wie aus dieser Aufstellung ersichtlich, umfasst der Bereich der tatsächlichen Besucherattraktionen etwas weniger als die Hälfte der tatsächlichen Nutzfläche. Bedingt durch den Grundriss des Gebäudes entfällt ein relativ großer Anteil auf die Zirkulation der Besucher. Auch der Service-Anteil erscheint sehr hoch - offensichtlich haben die am Projekt beteiligten Lieferfirmen hier sehr viel an technischer Ausrüstung installiert. 

Das könnte - zumindest teilweise - der Grund für den hohen Anteil an Nutzfläche sein. Auch die Shop-Fläche ist hoch, verglichen mit anderen "typischen" Museen - ebenso wie der Anteil des Restaurantbereichs, der im internationalen Vergleich ebenfalls "überdimensioniert" ist. 

2.4 Das Besucher-Erlebnis.

Das HdM präsentiert sich als "modernes interaktives Sound Museum", in dem Besucher eingeladen werden:

"alles Mögliche selbst zu versuchen, Instrumente zu spielen und via Töne und Musik spielend zu lernen. Es gibt nirgends sonst auf der Welt ein Museum wie das Haus der Musik. Es verbindet Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft in einer einzigartigen Mischung von Inspiration und Stimulation. 
Wie klingt die Welt für einen Embryo? Wie war das Leben von Wolfgang Amadeus Mozart? Wie kann ich dem interaktiven Theater der "Brain Opera" Töne entlocken? Gehen Sie auf ihre eigene musikalische Expedition. "

Wie in der Broschüre angekündigt, verfügt das HdM über eine Reihe von interaktiven Exponaten, die - mehr oder weniger erfolgreich - Informationen über Töne und Musik liefern. Einige dieser Exponate sind relativ einfach zu bedienen; bei anderen benötigt man mehr Zeit, um zu verstehen, wie der jeweilige Apparat funktioniert . 

Andererseits sind 750 m2 (oder 36%) der 2.048 m2 Gesamtfläche Exponaten der Wiener Philharmoniker und klassischen Komponisten (wie Mozart, Schubert oder Strauss) gewidmet. 
Es gibt einige - allerdings wenig erfolgreiche - Versuche, die Exponate rund um die historischen Musikerpersönlichkeiten attraktiver zu machen (Audioguide etc.), doch die ausgestellten Objekte sind insgesamt sehr konventionell. 

Durch die eingangs beschriebene Aufteilung der einzelnen Stockwerke besteht kein "narrative flow", also kein Leitfaden, und damit ist auch kein durchgängiges "Besuchererlebnis" gegeben: 

Nachdem ein Besucher seine Eintrittkarte gekauft hat, begibt er sich über eine Stiege in den 1. Stock, wo sich die Exponate der Wiener Philharmoniker befinden. Nachdem er diesen Ausstellungsteil besichtigt hat, kommt er über eine weitere Stiege in den 2. Stock, wo ihn Exponate über Ton und Musik erwarten. 

Das Design ("look and feel") in diesem Stockwerk ist sehr futuristisch - und steht damit in starkem Gegensatz zu den Objekten, die im 1. Stock präsentiert werden. Dieser abrupte Wechsel von Ort und Zeit wiederholt sich im 3. Stock, wo Informationen über das Leben berühmter Komponisten präsentiert werden. Wenn man den Audioguide verwendet (der in mehreren Sprachen angeboten wird), dann ist die Qualität der Präsentation hier etwas besser als im 2. Stock. 

Dieses Audiosystem verwendet Infrarot-Signale, mit denen ein Set von Informationen ausgelöst wird. Verlässt der Besucher jedoch den Sendebereich und kommt dann wieder zurück, beginnt das Set von Neuem - was sehr frustrierend sein kann; auch bei Platzwechsel in einem Raum kann der Ton verloren gehen. 
Nach Besichtigung im 3. Stock kommt der Besucher in das 4. 
(und letzte) Stockwerk, wo ihn wiederum eher futuristische und experimentelle Exponate erwarten. Diese beanspruchen nur 
etwa die Hälfte dieses Stockwerks - danach betritt der Besucher den großen Museums-Shop. 

Für Kinder wird eine geführte Tour angeboten. Und gelegentlich gibt es auch kleinere Veranstaltungen im Innenhof.

Im 5. und 6. Stock befindet sich das Restaurant. Dem Vernehmen nach zieht das Haubenlokal (wegen des schönen Blickes über die Dächer von Wien und seiner guten Küche wegen) auch Kunden an, die nicht die Ausstellungen des HdM besuchen. Der gläserne Lift bringt die Kunden direkt in den 5. Stock; es muss also keine Eintrittskarte für das HdM erworben werden. 

Im Erdgeschoß befindet sich eine kleine Café-Bar, die Snacks und Getränke im Café selbst, im Innenhof und in der Lobby serviert. 

2.5 Konzept und Marke

Die Ankündigung, dass es "nirgends sonst auf der Welt ein Museum wie das Haus der Musik gibt", erweckt beim Besucher die Erwartung, dass es hier etwas wirklich Einzigartiges zu erleben gibt - nämlich "Infotainment. Edutainment. Entertainment". 

Betrachtet man jedoch die "Mixtur" aus ziemlich diffusen futuristischen Elementen einerseits und sehr konventionellen Exponaten über klassische Musik andererseits, dann präsentiert sich das Haus der Musik vor allem als eine uneinheitliche Ansammlung von Exponaten, die zusammen genommen kein wirklich innovatives Erlebnis vermitteln. Es trägt auch nicht zum positiven Image des Hauses bei, dass die wenigen wirklich populären Exponate (wie der "virtuelle Dirigent") schon anderswo zu sehen waren. 

Zusammenfassend kann man daher sagen, dass ein Besuch im HdM nicht umfassend unterhaltsam, nicht wirklich informativ, manchmal verwirrend - und insgesamt wenig beeindruckend ist. Besucher werden das Haus der Musik wohl weder weiter empfehlen, noch ein zweites Mal besuchen. 


3.0 Die Projektvorgaben. 


Die Wien-Holding prüft derzeit Möglichkeiten, das HdM neu zu positionieren und auf eine finanziell tragbare Basis zu stellen. Diesbezüglich gibt es verschiedene Projektvorgaben: 


· Wien-Holding möchte dabei zumindest wesentliche Teile weiterhin als Besucherattraktion nutzen. (Auszuschließen ist daher die Option, die Ausstellungen zu schließen, das Gebäude zu adaptieren und eventuell als Bürogebäude lukrativ zu vermieten.)

· Wien-Holding will die Ausstellungsbereiche und Besucherattraktionen beibehalten, aber die finanziellen Aufwendungen reduzieren.

· Wien-Holding definiert als Zielvorgabe, die jährliche Besucherzahl auf 200.000 zu steigern. (Nach offiziellen Angaben hat das HdM derzeit rund 130.000 Besucher, diese Zahl ist freilich nicht verifizierbar; es ist anzunehmen, dass diese Zahl vor allem durch Schulgruppen zustande kommt.)

Einige der Mieter der Geschäftslokale im Erdgeschoß haben 
angekündigt, den Betrieb einstellen zu wollen. Diese Räumlichkeiten 
wären somit verfügbar. 

· Wegen der historischen Bedeutung der Räumlichkeiten für die Exponate der Wiener Philharmoniker ist vorgesehen, dass die Exponate jedenfalls dort verbleiben - unabhängig von allfälligen Änderungsplänen für das HdM. 


4.0. Möglichkeiten und Beschränkungen. 

Um zu ersten konkreten Vorschlägen für eine Neupositionierung des HdM zu kommen, müssen zunächst die Möglichkeiten und Beschränkungen dieser Institution analysiert werden: 

4.1 Standort und Besucherzahlen.

Bei einer Untersuchung der Flächen, die tatsächlich zur Verfügung stehen (indem man die Gebäudeteile abzieht, die anderen Zwecken dienen) kommt man zu folgendem Schluss:

Tatsächliches Besuchererlebnis" 

Aktivitäts-Bereich m2 % von total
m2 % of Total
Besucherattraktionen 2.048 54
Service 802 21
Besucherstrom 626 16
Shop 191 5
Restaurantbetrieb 39 1
Öffentliche WC-Anlagen 88 2
3.793 100


Wenn man die Daten mit jenen der Association of Science-Technology Centers (ASTC), vergleicht, ist die im HdM als eigentliche Ausstellung genutzte Gebäudefläche etwas kleiner als der Durchschnitt (4.074 m2 ), der von 173 befragten Institutionen im "Sourcebook of Science Center Statistics 2004" genannt wird.
Die mittlere Größe des Innenraums dieser Institutionen beträgt etwa 1.670 m2, wonach das HdM etwas mehr als den Durchschnitt an Hauptausstellungsfläche hätte. Diese Faktoren sind ausschlaggebend für die Besucherattraktivität. Im allgemeinen gilt, dass eine Institution umso mehr Besucher anzieht, je größer die Ausstellungsfläche ist . So kann man sagen, dass mit dem HdM vergleichbare Institutionen mit einer Durchschnittsgröße von 
4.074 m2 jährlich 96.754 zahlende Besucher haben. Wenn man diese Formel auf die Hauptausstellungsfläche des HdM anwendet, läge die zu erwartende jährliche Besucherzahl bei 91.000. 
Wollte man 200.000 Besucher pro Jahr anziehen, so wäre die erforderliche Bruttogröße eines neu positionierten HdM theoretisch mehr als 8.300 m2 , (also weit mehr als die ca. 5,100 m2 Gesamtgrundfläche des bestehenden HdM). Wenn die 5,100 m2 als ein erweitertes HdM positioniert würden, könnte das Haus nach diesem Modell pro Jahr mit rund 122.400 zahlenden Besuchern rechnen. 
Da der derzeitige Betrieb angeblich 130.000 Besucher anzieht, sind darin wahrscheinlich viele Gratisbesucher bzw. Besucher von Sonderveranstaltungen enthalten. 

4.2 Vorhandene Exponate.

Bei einer Durchsicht der Baupläne (und nach mehrfachen Besuchen des Autors) ist es offensichtlich, dass die meisten Exponate des HdM Sonderanfertigungen sind. Das bedeutet, dass die meisten von ihnen nicht frei stehen, sondern eingebaut und in den dortigen Aufbauten und Wänden fix verdrahtet sind. 
Diese Art der Installation vermittelt einerseits den Eindruck von hoher Qualität (verglichen mit freistehenden Objekten anderswo); andererseits sind Design, Installation und Instandhaltung in diesem Fall sehr kostspielig. 

Wenn das HdM neu positioniert wird (und wenn man in Betracht zieht, neue Exponate aufzustellen bzw. bestehende Exponate zu eliminieren), ist zu berücksichtigen, dass es ziemlich kostspielig und schwierig sein wird, andere als die ganz frei stehenden Exponate wieder zu verwenden. Man muss daher eine sehr genaue Kosten-Nutzenrechnung anstellen - um ein Maximum an Besuchern bei einem Minimum an Betriebskosten zu erreichen. 

Bemerkenswert ist auch, dass das gesamte Kellergeschoß von technischen Installationen eingenommen wird. Bei allen Überlegungen für eine Neupositionierung muss daher zuerst im Detail geklärt werden, worin diese technischen Ausstattung besteht, was ihre Funktion ist und inwieweit sie für den (künftigen) Betrieb des HdM tatsächlich benötigt wird. 


4.3 Besucherstrom.

Eine gute Möglichkeit, das Besuchererlebnis ohne wesentliche Störung des laufenden Betriebes zu verbessern, besteht darin, die vorhandenen drei Aufzüge zu verwenden, um die Besucher logischer und bequemer als bisher durch das Gebäude zu leiten. Wie beschrieben, gehen die Besucher - nachdem sie ihre Eintrittskarte erworben haben - derzeit durch eine elektronische Sperre und über eine Stiege in den 1. Stock. 

Anfangs waren in allen Stockwerken des HdM Angestellte postiert, um die Besucher in die verschiedenen Räume zu weisen. Verfügt man jedoch über ein geeignetes Konzept für den Besucherstrom, so ist eine derartige kostenintensive Hilfestellung überflüssig . 
Je nach Art der realisierten Neupositionierung könnte man ohne Schwierigkeit den bestehenden Kassenbereich so umgestalten, dass die Besucher nach dem Kauf ihres Tickets zu den Aufzügen geleitet werden, die sich links vom Kassenbereich befinden. Die Besucher könnten damit in die oberen Stockwerke fahren, und dann entweder einen Stock hinauf oder eine Etage hinunter gehen, um in die weiteren Ausstellungsbereiche zu gelangen. Weitere Vorschläge zu diesem Thema werden noch im Folgenden gemacht.


4.4 Die Finanzierung.

Eine detaillierte Analyse der finanziellen Gebarung des HdM würde den Rahmen dieses Berichtes sprengen. Es sollen jedoch einige erste Überlegungen auch zu diesem Thema präsentiert werden, die für den schlussendlich einzuschlagenden Weg für einen Relaunch von Bedeutung sein könnten.

Zunächst sei darauf verwiesen, dass die im bereits erwähnten ASTC-Bericht untersuchten Einrichtungen im Schnitt 44,4% ihrer Einnahmen aus kommerziellen Quellen (wie etwa aus dem Ticketverkauf oder dem Restaurations- und Shopbetrieb) lukrieren. Weitere 20,4% der Einnahmen stammen aus Zuwendungen der öffentlichen Hand; 34,3% von privaten Mäzenen, und 0,8% aus Stiftungen. Im allgemeinen erwirtschaften also "kulturelle Attraktionen" dieser Art weniger als die Hälfte der Einnahmen aus ihrer tatsächlichen Betriebstätigkeit. Auf Grundlage dieser Erfahrungen gibt es verschiedene Möglichkeiten, den Betriebsabgang zu reduzieren - oder das bestehende Ausstellungsangebot wird überhaupt durch eine stärker auf Gewinn gerichtete, somit kommerzielle Besucherattraktion ersetzt. Realistischerweise ist jedoch davon auszugehen, dass der Betrieb des HdM auch in Zukunft öffentliche Gelder benötigen wird, um ausgeglichen bilanzieren zu können.

4.5 Die Serviceeinrichtungen.

Durch seinen Standort, die Konfiguration seines Grundrisses und die Position der Aufzüge ist das HdM - was das Service betrifft - stark eingeschränkt: Derzeit ist die Warenzubringung nur durch einen schmalen Eingang in der Annagasse und nur mit kleinen Lieferfahrzeugen möglich. Auf diese Weise ist sowohl die Anlieferung für das Restaurant als auch die Entsorgung grundsätzlich nur außerhalb der Betriebszeiten möglich. 

Die Aufzüge sind für den Transport sperriger Exponate oder größerer Einrichtungsgegenstände ungeeignet. Es würde daher sehr schwierig sein, größere Musikinstrumente (wie z.B. einen Flügel) in die oberen Stockwerke bzw. von Stockwerk zu Stockwerk zu transportieren. Aus diesem Grunde wäre es von großem Vorteil, das Erdgeschoß für temporäre Ausstellungen zu nutzen. 


5.0 Ideenskizze für den Relaunch.

Diese erste Ideenskizze enthält verschiedene Überlegungen und versucht, deren Vor- und Nachteile abzuwägen. In einer späteren Planungsphase können detailliertere Vorschläge erstellt und zusätzliche Alternativen aufgezeigt werden. Die nachfolgend präsentierten Ideen umfassen eine "minimale" und eine "mittlere" Variante für die notwendigen Veränderungen. 


5.1 Minimalvariante

Eine erste Annäherung an die Neupositionierung geht vor allem von Veränderungen im Betrieb des HdM selbst aus:

· Restaurant (5. und 6. Obergeschoß): Der gegenwärtige Restaurantbetrieb erscheint nicht geeignet, die notwendige Verbindung und damit die notwendige Synergie zwischen den Ausstellungsbereichen und dem Restaurant selbst herzustellen. Wenn der Hauptzweck des Restaurants im Pachteinkommen liegt - und die Mieteinnahmen in der für den 1. Bezirk zu erwartenden Größenordnung liegen - wird es kaum sinnvoll sein, diese Vereinbarung abzuändern. Sind die Miet- bzw. Pachteinnahmen jedoch nicht marktgerecht, sollte man sich überlegen, entweder den Vertrag neu zu verhandeln, oder einen neuen Pächter zu suchen. 

· Shop (4. Obergeschoß): Der gegenwärtige Museumsshop befindet sich in einem Bereich, der weder der Logik des Besucherstroms noch dem Kaufverhalten von Museumsbesuchern entspricht, die in der Regel ihre Einkäufe knapp vor dem Verlassen des Gebäudes tätigen. Es besteht auch keine Möglichkeit für Passanten, den Shop von der Straße aus zu betreten. Aus diesem Grunde darf es nicht überraschen, dass gegenwärtig nur geringe Umsätze erzielt werden. Um dieses Probleme zu lösen, sollte der Shop in einen kleineren Bereich im Erdgeschoß transferiert werden. Die Verkaufsflächen müssen vom Design her "offener" und "einladender" als der bestehende Shop wirken und sollten zentral situiert werden 
(d.h. nicht in den Räumen der bisherigen Reparaturwerkstätte für Musikinstrumente untergebracht werden). 

· Geschäftslokale (1. Obergeschoß und Erdgeschoß): Wie im Falle 
des Restaurants, so fehlt auch den bestehenden Geschäften eine logische Verbindung zu den eigentlichen Ausstellungsräumen. 
Das gilt aber nicht für die Café-Bar im Erdgeschoß, die von den Besuchern gerne genutzt wird (weil diese andernfalls vermutlich ein Kaffeehaus in der Umgebung aufsuchen bzw. in das Restaurant hinauffahren müssten). Unter der Voraussetzung, dass einer oder mehrere Mieter der Geschäftslokale zur Auflösung ihrer Verträge bereit sind, wäre zu überlegen, hier einen Raum für temporäre Ausstellungen einzurichten. Würde die Verkaufsfläche im 1. Stock zur Verfügung stehen, könnten auch dort Wechselausstellungen veranstaltet werden. Diese Ausstellungen könnten Passanten und Touristen anziehen, sind aber auch attraktiv, um die Wiener Bevölkerung zu wiederholten Besuchen zu animieren. Dabei sind die Räumlichkeiten im Erdgeschoß für temporäre Ausstellungen natürlich besser geeignet als Räume im 1. Stock, da sie für potentielle Besucher besser sichtbar sind und das Transportproblem bei voluminösen Exponaten und Einrichtungsgegenständen entfällt. 

· Sollte es möglich sein, Räumlichkeiten für Wechselsausstellungen im Erdgeschoß oder im 1. Stock freizumachen, dann bleibt immer noch die Frage, was mit den übrigen Mietern geschehen soll: Werden marktgerechte Mieten bezahlt, so ist nicht sehr viel gewonnen, wenn man vermietete Räume durch Ausstellungsräume ersetzt, weil das Verhältnis von Kosten und Nutzen ungünstig ist. Sollte sich ein Mieter zur Auflösung des Mietverhältnisses entschließen, könnte sich jedoch die Gelegenheit ergeben, einen attraktiven neuen Mieter zu finden, dessen Geschäftsziele eine stärkere Affinität zum Ausstellungs- und Veranstaltungsangebot des HdM haben. 

· Besucherattraktion : Wie bereits ausgeführt, besteht eine der wirksamsten und auch leicht umzusetzenden Maßnahmen darin, die Besucherströme besser und logischer zu gestalten, indem man die Aufzüge neben dem Kassenbereich zur Beförderung der Besucher in die oberen Stockwerke nutzt. Durch diese betriebliche Änderung könnten Besucher:

- Vom Erdgeschoß direkt in den 4. Stock fahren, um ihren Besuch in einem neuen Ausstellungsbereich zu beginnen, der an die Stelle des jetzigen Verkaufsbereichs treten würde. 
Die Besucher würden danach in die Ausstellungsbereiche "Musik der Zukunft" und "Brain Opera" weiter gehen - und dann über die Stiege in den 3. Stock gelangen, wo sie die Exponate über die präsentierten Komponisten vorfinden. Über das Stiegenhaus in den 2. und 1. Stock gelangend, würden die Besucher anschließend die Wechselausstellungen besichtigen (die in der derzeit bestehenden Geschäftszone geschaffen würden). 

- Wenn es dadurch auch noch nicht zu einer durchgängigen und inhaltlich stimmigen "storyline" kommt (wie zum Beispiel "Von der alten zu neuer Musik"), so würde durch einen logischen Besucherstrom ein Besuch im HdM jedenfalls bequemer und besser organisiert ablaufen. 

- Eine Alternative wäre, dass die Besucher mit den Aufzügen in ein sie interessierendes Obergeschoß hinauffahren. Damit würde zwar der Besucherstrom nicht wirklich geregelt, die Besucher hätten aber die Möglichkeit, aus dem Programmangebot nach ihrem jeweiligen Interesse zu wählen - eine Vorgangsweise, die in vielen Museen so praktiziert wird.

· Grundkonzept und Branding: Obwohl die Vorschläge, die hier gemacht wurden, keine radikale Änderung im Grundkonzept und im Branding des HdM darstellen, so könnten diverse neue Exponate mit einbezogen werden, und auch die äußere Erscheinung des Museums könnte durch Änderungen im Design verbessert und attraktiver gestaltet werden: Neue Exponate sollten von Künstlern und Produzenten bezogen werden, die genügend Erfahrung mit derartigen Museumseinrichtungen besitzen - keinesfalls sollte man aber versuchen, selbst neue Exponate "zu erfinden"; denn das ist erfahrungsgemäß immer mit Problemen verbunden. Diese Exponate müssten natürlich so beschaffen sein, dass sie genügend öffentliches und mediales Interesse wecken, um den Eindruck eines "neuen" HdM zu kommunizieren. Einige Beispiele solcher neuer Attraktionen finden sich im Anhang B , . 
5.2 Die "mittlere" Variante

Um höhere Besucherzahlen und höhere Einnahmen zu erzielen, könnten folgende moderate Änderungen überlegt werden:

Restaurationsbetrieb: Eine größere, auf Musik und Entertainment bezogene Restauration - wie etwa ein Hard Rock Café - könnte in den Stockwerken 5 und 6 eingerichtet werden, während ein damit in Zusammenhang stehender Souvenir-Shop im Erdgeschoß positioniert würde . Je nach Attraktivität des gewählten Themas könnte eine derartige Einrichtung entsprechende Umsätze erzielen und zahlreiche Gäste ansprechen, die dann auch zum Besuch des Ausstellungsbereiches motiviert werden. 

· Gut zugänglicher Veranstaltungsbereich: 
Zur Zeit werden regelmäßig Veranstaltungen im Innenhof des HdM durchgeführt. Es handelt sich dabei um konventionelle Veranstaltungen, bei denen meist Sitzreihen aufgestellt werden. Im Hinblick auf das nicht wirklich einladende Äußere des Gebäudes ist die vorhandene Veranstaltungsmöglichkeit von der Straße aus nicht sichtbar. Man könnte daher daran denken (besonders in der schönen Jahreszeit), einen breiteren, offeneren Eingangsbereich zu gestalten, um stärker auf die Veranstaltungen aufmerksam zu machen. Ein reichhaltigeres Programm an populärer und internationaler Musik etc. würde den Eingangsbereich und den Innenhof beleben und für Besucher und Gäste einladend wirken. Berücksichtigt man den Umstand, dass sich in unmittelbarer Nähe des HdM einige Musikschulen befinden, wäre es auch denkbar, Studenten für regelmäßige Musikdarbietungen zu gewinnen. Dadurch würde sich natürlich auch der Umsatz in der Café-Bar steigern, vielleicht sogar in den Geschäften. Eine Skizze im Anhang C zeigt den möglichen Umbau des bisherigen Eingangsbereiches.

· Grundkonzept und Branding: Im Hinblick auf die reichlich diffuse und nicht wirklich klare Konzeption des Hauses und seinen gegenwärtigen Marktauftritt könnte es sinnvoll und notwendig sein, die Neupositionierung mit einem entsprechenden "Re-Branding" zu verbinden. So hat sich auch in den bisherigen Diskussionen über den Relaunch des HdM der Gedanke entwickelt, ein "Haus der Wiener Musik" ("House of Viennese Music") zu schaffen. Dies würde bedeuten, dass man sich inhaltlich auf den Beitrag Wiens zur Welt der Musik in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft bezieht. . 
Der Vorteil dieser Variante wäre, dass sich Content und Location decken: Ein derartiges Projekt kann seiner Natur nach authentisch nur in Wien verwirklicht werden. Hier existiert ein reiches musikalisches Erbe und die entsprechende Dokumentation, die es erlauben würden, eine erfolgreiche Einrichtung zu schaffen. Marktgerecht konfektioniert, könnte das musikalische Erbe Wiens eine gute Basis für den Verkauf einer Reihe von musikbezogenen Items (wie CDs und DVDs) bilden. Ein weiterer Vorteil wäre, dass durch diese auf die Wiener Musik bezogene Themen die Zahl der Besucher aus Wien selbst größer würde. 

· Der Nachteil einer derartigen Fokussierung könnte sein, dass Wien bereits zahlreiche Museen und andere Einrichtungen besitzt, die sich auf die typisch wienerische Kultur beziehen, und man daher argumentieren könnte, dass eine weitere Institution dieser Art einfach zu viel wäre. Im Hinblick auf die existierenden Musikergedenkstätten (vor allem das Mozarthaus Vienna) müsste ein Haus der Wiener Musik daher penibel darauf bedacht sein, Duplizierungen zu vermeiden - und dennoch ein für die Touristen sowie für die Wiener Bevölkerung attraktives Angebot zu machen. Auch die Kosten für die Anschaffung der notwendigen Exponate und Attraktionen wären nicht unerheblich. Andererseits wäre dieser Aufwand weit logischer als die Übernahme der Kosten für die Erhaltung eines nur minimal veränderten HdM. 

6.0 Die nächsten Schritte 

Abschließend einige Vorschläge zur weiteren Vorgangsweise:

· Evaluierung der Technik: Wie bereits erwähnt, bildet ein genaues Inventar der Exponate und der technischen Einrichtungen des 
HdM eine überaus wichtige Grundlage für die Überlegungen zur Neupositionierung, da durch eine derartige Dokumentation die zu erwartende Lebensdauer und die zu erwartenden Betriebskosten auf eine realistische Basis gestellt werden. Da das HdM nunmehr seit fünf Jahren betrieben wird, kann es sein, dass die technischen Einrichtungen zum Teil überholungsbedürftig sind, und dass die Kosten der notwendigen Reparaturarbeiten in keinem Verhältnis zum erwarteten Nutzen stehen. Ist umgekehrt die Einrichtung in gutem Zustand und verursacht ihr Betrieb vertretbare laufende Kosten, würde sich der Weiterbetrieb lohnen. Hier wäre zu empfehlen, einen erfahrenen unabhängigen Konsulenten mit der Bewertung der technischen Einrichtungen zu beauftragen.

· Evaluierung der bestehenden Verträge: Eine zweite Bewertung betrifft alle Rechtsbeziehungen zwischen dem HdM einerseits und den bestehenden Mietern, dem Personal sowie Sponsoren und Lieferfirmen andererseits. Die Gültigkeit der bestehenden Verträge (samt Kosten für deren allfällige Auflösung) müssen in vollem Umfang in die Planungen für einen Relaunch mit einbezogen werden…

· Planungsprozess: Auf Grundlage dieser Ideenskizze und unter Einbeziehung der Beiträge aller bisher an der Diskussion beteiligten Experten sollte ein Planungsprozess eingeleitet werden - mit dem Ziel, ein detailliertes Konzept zur sinnvollen Neupositionierung des HdM auszuarbeiten. Um ein derartiges Konzept in relativ kurzer Zeit zu erarbeiten wird ein "Workshop" vorgeschlagen, bei dem in enger Zusammenarbeit von projekterfahrenen Experten und der Wien Holding zunächst ein Positionspapier erstellt wird, das dann als Grundlage für den notwendigen detaillierten Masterplan dient. 

Anhang A 

Grundrisse: Untergeschoß bis 6. Stock

Anhang B 

Neue Besucherattraktionen


Anhang C

Neugestaltung von Erdgeschoß und Fassade