Themen > Kommunikation > Eurostars statt Edelweiß

Gerhard Feltl

Nach dem derzeit gültigen Terminplan soll im Frühjahr 1998 die Entscheidung über die Teilnehmer an der Währungsunion fallen, zu Jahresbeginn 1999 sollen die Wechselkurse fixiert und am 1. Jänner 2002 der Euro parallel zum Schilling als Bargeld eingeführt werden.

Das Meinungsklima hierzulande ist für die bevorstehende Währungsumstellung nicht günstig. Aktuellen Umfragen zufolge spricht sich derzeit knapp die Hälfte der Österreicher für die Beibehaltung des Schilling aus - was die Frage aufwirft, ob wir für den Euro tatsächlich ausreichend vorbereitet sind. 

"Unsere Regierung hat schon mehrmals im Bereich Kommunikation versagt - und sie macht munter weiter". So kommentierte das Branchenmagazin Horizont unlängst die mangelhaften Informationsaktivitäten der Bundesregierung zu diesem Thema. Bestätigt wird diese Kritik durch das Ergebnis einer IWG-Umfrage vom Dezember 1996, wonach sich fast die Hälfte der Österreicher von der Regierung in wesentlichen Fragen nicht ausreichend bzw. überhaupt nicht informiert fühlt. 

Abseits der interessanten Frage nach der offensichtlich gleichfalls unzureichenden Vermittlungsleistung der Medien bestätigt dieser Befund, daß die Bundesregierung im politischen Marketing (also im Herstellen einer möglichst breiten Konsens-Findung über die Lebensfragen unseres Landes) keine glückliche Hand beweist. 

In der Wirtschaft, insbesondere in den Banken und Kreditinstituten, laufen die Euro-Vorbereitungen bereits auf Hochtouren. Und natürlich wird es in den kommenden Monaten noch ein mediales Trommelfeuer über die technischen und fiskalischen Konsequenzen sowie über die mannigfaltigen wirtschaftlichen Vorteile geben. Das zentrale Argument wird vermutlich lauten, daß "ein Scheitern des Euro verheerende Auswirkungen hätte" (wie erst jüngst ein österreichisches Regierungsmitglied orakelte) und daß "die Einführung des Euro lediglich eine Umrechnung, nicht eine Währungsreform bedeutet" (wie ein prominenter deutscher Wirtschaftsmanager sekundierte). 

Was hierzulande in Sachen Euro-Kommunikation geplant ist, steht noch in den Sternen. Jedenfalls sollten in Österreich insgesamt rund 200 Millionen Schilling in entsprechendes brainwashing fließen. In Deutschland will indes allein der Bankensektor etwa 250 Millionen Mark für die Euro-Öffentlichkeitsarbeit ausgeben. 

Nach einer Eurobarometer-Umfrage aus 1996 sind die Euro-Ängste etwa in Dänemark oder in England vergleichsweise noch stärker ausgeprägt als bei uns. Aber Österreich ist mit Abstand jenes europäische Land, dessen Bevölkerung die geringsten positiven Erwartungen in die Einführung des Euro setzt. Das hat Gründe, die tief im psychologischen Gefühlshaushalt der Bürger liegen und die durch rationale Argumente nicht aufzulösen sind. 

Denn die Umstellung auf den Euro ist vor allem ein emotionales Phänomen: Wie die Neutralität, der Staatsvertrag oder das Neujahrskonzert gehört der Schilling zu den scheinbar unantastbaren Versatzstücken österreichischen Selbstverständnisses und nationaler Identität. Der Abtausch des Edelweiß auf dem Schilling durch die Unions-Sterne auf dem Euro wird daher von der Mehrheit der Bürger nicht bloß als Veränderung im Umrechnungsmodus, sondern als wesentlicher Eingriff in ihre Lebenssphäre empfunden. Mehr noch: als Symbolverzicht und als Identitätsverlust, der sich in einer kollektiven Gefühlswallung, in Skepsis und Ablehnung manifestiert - und daher politisch relevant ist. Trotz mancher beschwichtigender Medienkommentare, wie jüngst im Profil, die uns den Abschied vom Schilling als vergleichsweise schmerzlos einreden wollen. Erinnern wir uns nur an den kuriosen Nummerntafelstreit vor einigen Jahren, als sich eine heftige Identitätsdebatte an der harmlosen Neugestaltung der Autokennzeichen entzündet hatte. 

Im Vergleich dazu ist die Euro-Einführung tatsächlich ein fundamentaler Eingriff. Andererseits kommt mit dem Euro, viel stärker als durch alle anderen bisherigen Maßnahmen, die innere Integration Europas voran. Das bedeutet natürlich einen Verlust an individuell empfundener Eigenständigkeit, gleichzeitig aber die Chance eines Mehrgewinns an Gemeinsamkeit, ohne daß diese neue Identität heute bereits wirklich erlebbar ist. 

Derartig tiefgreifende Veränderungen sind den Menschen nur dann zumutbar, wenn sie langfristig vorbereitet und wenn über vielfältige und intellektuell redliche Kommunikationsmaßnahmen die Perspektiven verdeutlicht werden. Euro-Promotion muß somit von Anfang an als Teil einer umfassenden Identitätspolitik konzipiert werden. Gleichzeitig aber den Verlust an Wählervertrauen und Glaubwürdigkeit kompensieren, der durch die überzogenen Versprechungen in der vorangegangenen EU-Beitrittskampagne verursacht wurde. Diese Schadensbegrenzung kann nur in dem Hinweis bestehen, daß es beim Euro nicht nur Vorteile gibt und daß die diesbezügliche Unsicherheit und die Ängste der Bürger durchaus berechtigt und nachvollziehbar sind. Daß wir freilich Neues und Zukunftssicheres nur dann erreichen können, wenn wir bereit sind, Altes und Vertrautes aufzugeben.  

Dann kann der Abschied von dem, was die Österreicher mit dem Edelweiß auf ihrem Schilling verbinden, in einen möglichen Gewinn unter den Sternen Europas verwandelt werden.

Die Presse, 01/97 - Dr. Gerhard Feltl  ist Geschäftsführer des Kommunikationskonzerns IWG-Holding, Präsident des Österreichischen Instituts für Formgebung (ÖIF) sowie Lehrbeauftragter am Institut für Kommunikationswissenschaften der Universität Salzburg.